Kapitel 1


Jemand ging am Fuß einer hohen Felswand entlang.
Hoch, immer höher ragte die Wand, sie war kahl, schroffe Kanten sprangen hervor. Weiß leuchteten die Felsen in der Sonne.
Oben endete die Wand in einer langen und sehr geraden Kante. Der Fels dort war spiegelblank, es gab weder Busch noch Gras, nicht einmal Moos. Was jenseits war, konnte man nicht sehen. Es war unbekannt. Niemand war dort gewesen, weder der Mensch, der unten entlangging, noch sonst jemand im Dorf oder in der Stadt. Nur der Himmel in seiner tiefen Bläue war zu sehen, er ragte über den Abgrund hinaus, stieg höher, wurde blasser, dann dunstig, bis auch er verschwand.

Der Mensch ging zuerst rasch, dann immer langsamer. Schließlich schwankte er und hielt sich an einem Baum am Wegrand fest. Er beugte sich nach vorn, öffnete den Mund und erbrach Blut. Weil auch aus den Ohren und der Nase Blut floss, färbten sich sein Kinn, seine Brust und seine Schultern rot. Er spreizte die Beine, um Blut aus den Geschlechtsteilen fließen zu lassen.
Nachdem eine gewisse Zeit verstrichen war, schloss der Mensch wieder seinen Mund, stellte sich aufrecht hin und sah auf den Boden, wo sich eine Blutlache gebildet hatte. Während der Mensch so schaute, erhob sich aus der Lache das i.
Der Mensch schaute das i an, das i schaute den Menschen an. „Willst du gehen?“ fragte der Mensch.
„Ja“, sagte das i. „Du warst mir zu lange zu nah. Ich kann auch ohne dich leben.“
In großen, lustigen Sätzen sprang das i vom Weg herunter und auf die Felswand zu. Der Mensch sah dem i nach, wie es die Wand empor kletterte, von Absatz zu Absatz hüpfte, immer wieder innehielt und einen prüfenden Blick zum Himmel warf, bei seinen Sprüngen immer weiter in die Höhe kam, dabei von der Sonne beleuchtet wurde und sich gar nicht mehr umwandte. Zuletzt verschwand das i hinter einem Felsvorsprung, schon ganz weit oben, und der Mensch sah nur noch einmal den i-Punkt in der Sonne aufblitzen, als nämlich das i einen Purzelbaum schlug, vielleicht vor Freude, vielleicht aus Übermut.

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