Kapitel 17


Es klingelt an der Haustür. Der Hund schlägt an. Das i sperrt den Hund in die Küche, geht durch den Flur zur Haustür und öffnet. Draußen steht der Scherenschleifer. Das i grüßt und starrt gleichzeitig auf den weiß gekachelten Boden. Denn neben den schweren Stiefeln des Scherenschleifers liegt grün schimmernd die Gallenblase einer Ratte, die der Kater dort offenbar abgelegt und zu fressen verschmäht hat. Daneben blutiges Gekröse und ein großer Blutfleck. Der Scherenschleifer hebt den Stiefel und will näher kommen. Das i macht den Mund auf, will was sagen und zeigt auf die Gallenblase. Im selben Moment läuft der Kater leichtfüßig die Treppe hinauf, schüttelt sich und wischt durch die geöffnete Haustür. Eine glänzende, schwarze Zecke rollt vor die Stiefel des Scherenschleifers.
„Da liegt was“, warnt das i schnell, auf den Boden deutend. Aber schon tritt der Stiefel hinein und zerquetscht Zecke, Blase und Därme.
„Das tritt sich wieder ab“, lächelt der Scherenschleifer. „Haben Sie Messer zum Schleifen?“
Er schaut zu Boden und wischt seine Stiefel auf den weißen Fliesen ab.
„Fünf Messer“, sagt das i. Es kehrt in die Küche zurück, an dem bellenden Hund vorbei und bringt dem Scherenschleifer fünf große schwarze Messer.
„Aber diesmal scharf machen! Ich zahl auch mehr.“
Der Scherenschleifer geht die Treppe hinunter, das i steigt über rot-grüne Schmiere und geht ihm nach. Hinter der Scheune holt es einen Arm mit schwerem, gespaltenem Buchenholz. Als es am Lieferwagen des Scherenschleifers vorbei kommt, dringt aus der geöffneten Wagentür das leise Pfeifen seiner Maschine. Das i bleibt nicht stehen auf einen Schwatz. Der uralte, achtzigjährige Scherenschleifer geht auf die Nerven. Kein anderes Thema kennt er als seine Krankheiten und seine Wallfahrten nach Lourdes. An den Fensterscheiben seines Busses kleben Heiligenbildchen.
Im Stall blökt empört ein einsames, kleines Schaf mit dunkelblauen, lustigen Augen. Aber das Schaf hat kein Mitleid verdient, da es immer aus der Herde ausbricht. Mit der freien Hand ergreift das i eine Gerte und zieht sie dem Schaf kräftig über den Kopf. Das Schaf weicht zurück und blinzelt erschrocken mit den blauen Augen.
Wieder in der Küche wirft das i dem Hund einen misstrauischen Blick zu. Aber der bellt nur wie besessen und fletscht die Zähne. Dafür hat sich der Kater auf den Küchentisch gesetzt, wo die Knochenberge von zwei ausgewachsenen Schafen liegen. Das i wirft ein Buchenscheit nach ihm, der Kater macht einen Riesensatz hinüber auf die Spüle. Vier Fleischfliegen steigen surrend auf, um sich in der nächsten Sekunde wieder auf den Rippen niederzulassen. Aber das i hat keine Zeit, sich darum zu kümmern, denn schon wieder schellt es an der Haustür. Der Hund bellt wie verrückt und sträubt das Fell. Das i schmeißt krachend das staubige Holz auf den Boden, holt den Geldbeutel und sperrt den Hund ein. An der Tür steht der Scherenschleifer mit den Messern. Das i bezahlt. Der Scherenschleifer zögert und wippt wieder mit den Füßen. Aber das i rückt wegen des Drecks auf den Kacheln keinen Pfennig mehr heraus.

In der Küche hat das i endlich Zeit, dem wütenden Hund einen Fußtritt zu geben. Der verzieht sich in seine Ecke. Das i öffnet mit einem Riegel den Herd, in dem schon ein mächtiges Feuer brennt und legt drei Buchenscheite nach. Mit demselben Riegel schiebt es die Herdringe zur Seite, die Flammen schlagen hoch. Auf die offene Stelle stellt es einen großen, schwarzen, gusseisernen Topf. Das i gießt eine Tasse Öl hinein.

Das i dreht sich um, stemmt die Arme in die Seiten und betrachtet sehr nachdenklich den Knochenberg auf dem Küchentisch. Es sind so viele Knochen, sie werden schwerlich in den Topf passen, auch wenn er groß ist. Die Knochen sind ausgebeint, aber nicht zersägt. So hängen Unterschenkel an den Oberschenkeln und zwei mächtige Gerippe ragen wie Körbe in die Luft. Ein Glück, dass die Köpfe nicht dabei sind. Das i ergreift ein geschliffenes Messer und beginnt im Knie eines der Schafe herumzustochern. Es gräbt mit der Spitze, doch das Messer gleitet ab. Das i bohrt wütend im Gelenk, da bricht die Spitze und das Messer schneidet dem i tief in den Daumen. Es tut nicht weh, ärgerlich ist aber das viele hellrote Blut, das jetzt auf die Knochen fließt. Schnell rennt das i, holt ein Taschentuch und wickelt es mit einem Faden fest um den Finger. Vom Herd riecht es rußig. Das Fett im Topf qualmt blau. Das i schmeißt den Oberschenkel mit dem Unterschenkel hinein.
Das i überlegt wieder. Es geht in den Keller und holt die rote Holzsäge, die blaue Metallsäge und den Fuchsschwanz. Den Fuchsschwanz wirft es gleich zur Seite. Die Holzsäge gleitet auf den glatten Knochen ab. Die Metallsäge greift, aber es geht sehr langsam. Der Griff der Säge wird schnell fettig vom Hammelfett, die Hände des i rutschen ab. Unterdessen saugen die Fleischfliegen an den Rippen, der Kater steht an der Tür und sieht teilnahmslos in den Raum. Der Hund in der Ecke leckt sich schmatzend den Schwanz.
Das i hat zwei Knochen zersägt und in den Topf geworfen. Vom Herd brutzelt es, es stinkt nach Fett, die Fensterscheiben beschlagen sich. Das i geht wieder in den Keller und bringt eine Gartenschere. Zwei Rippen kann es mit Mühe mit der fettverschmierten Schere durchschneiden, aber die Sehnen an den Knochen dehnen sich widerspenstig und geben nicht nach. Mit einem anderen Messer geht das i dazwischen und zerrt ungeduldig die weißen Rippen auseinander. Das fettige Messer fährt in den Zeigefinger. Das i schleppt einen Stapel Taschentücher herbei, verbindet. Der abgeschnürte Daumen fühlt sich kalt an.

Zwei Rippen von vielleicht fünfzig hat das i jetzt geschafft. Das i muss weiter überlegen. Es geht wieder in den Keller und holt einen großen eisernen Hammer. Es beginnt mit Wucht auf eines der beiden Gerippe einzuschlagen. Die Fliegen erheben sich widerwillig, Fleischfetzen, Fett und Knochensplitter sausen durch die Luft. Der Hund, in Habachtstellung, stürzt sich auf die Leichenteile, der Kater unter dem Tisch wartet auf eine Gelegenheit und dreht den Kopf. Einige Rippen sind gesplittert, aber die Sehnen! Das i wirft sich entschlossen mit dem Messer darauf. Sekunden später steckt das Messer tief im linken Handballen. Nicht leicht, diese Wunde zu verbinden. Der Daumen der rechten Hand ist schon gefühllos.

Weiter mit dem Hammer, die Rippen krachen. Aber der Tisch zeigt schon viele Löcher, was wird der Hauswirt dazu sagen? Im Topf werden die Knochen schwarz, es brutzelt, in der Küche steht der Qualm, die rußige Luft wabert gegen die Wände, durch die milchigen Fenster blakt das Tageslicht. Das i will zum Herd, rutscht auf dem fettigen Boden aus und schlägt das Knie gegen den Eisenherd. Das Taschentuch fällt vom toten Daumen. Das i beschließt, auf dem Boden auszuruhen.

Das i steht auf und betrachtet Rippenkörbe und Rückgrat der Schafe. Es humpelt zur Tür, die Treppe hinunter zur Scheune. Dort holt es den Bolzenschneider. In der Küche sitzt der Kater wieder auf dem Tisch. Das i holt aus und wirft den eisernen Bolzenschneider nach ihm. Der Kater dreht den Kopf, streckt die Glieder lang und bleibt tot zwischen den Knochen liegen. Der Hund wirft einen vorwurfsvollen Blick auf das i.
„Was guckst du so blöd!“ schreit das i mit gellender Stimme. Es ergreift den Bolzenschneider an den langen Greifzangen und haut mit Wucht dem Hund den Schädel ein.
Das i schleppt den Hund auf dem fett und blutbeschmierten Boden quer durch die Küche und zerrt ihn durch die Tür. Der Kater wird hinterher geworfen. Das i geht zum Spülstein und wäscht sich die Hände.
Die beiden Rücken der Schafe werden mit dem Bolzenschneider auseinander genommen. Auf und ab rutschen die Hände des i auf den schmierigen Greifzangen. Der Mund des Bolzenschneiders ist zu klein. Um besser greifen zu können klettert das i auf den Tisch und hält mit den Füßen die Knochen. Die Tischplatte ist glitschig, die Rippen grapschen nach den Beinen. Das i weicht aus, rutscht ab, knallt mit dem Kopf gegen die Tischkante und dann auf den Steinfußboden.

Am Abend kommt der Hauswirt heim. Auf dem Boden liegen Hund, Katze und das i. Im Topf liegen schwarz verkohlt die Knochen. Das Feuer ist ausgegangen. Der Hauswirt öffnet die Fenster. Auf den Rippen schlafen satt die riesigen Fliegen.

Nächstes Kapitel